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Aiwanger mitten im Bayern-Wahlkampf wegen antisemitischen Flugblatts unter Druck
Aiwanger mitten im Bayern-Wahlkampf wegen antisemitischen Flugblatts unter Druck / Foto: Peter Kneffel - POOL/AFP/Archiv

Aiwanger mitten im Bayern-Wahlkampf wegen antisemitischen Flugblatts unter Druck

Mitten im Wahlkampf ist Bayerns Vizeregierungschef und Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) wegen eines antisemitischen Flugblatts aus seiner Schulzeit unter Druck geraten. Aiwanger versicherte am Samstagabend, er habe das Papier "nicht verfasst und erachte den Inhalt als ekelhaft und menschenverachtend". Zuvor hatte die "Süddeutsche Zeitung" Aiwanger als Verfasser ausgemacht. Stattdessen erklärte dessen Bruder, der Verfasser zu sein. Der Fall löste bundesweit Empörung aus.

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Die "Süddeutsche Zeitung" hatte in ihrer Samstagausgabe über die Vorwürfe berichtet. Demnach steht Aiwanger im Verdacht, als Schüler ein antisemitisches Flugblatt verfasst und an seiner Schule ausgelegt zu haben. Die Zeitung sprach nach eigenen Angaben mit einer Reihe von Augenzeugen, die von dem Vorfall berichteten, jedoch anonym bleiben wollten. Demnach wurde Aiwanger damals als Urheber des Pamphlets zur Verantwortung gezogen, wegen des Vorfalls traf sich der Disziplinarausschuss der Schule.

Laut dem "SZ"-Bericht war das Flugblatt offenbar die Reaktion auf einen Schülerwettbewerb zur deutschen Geschichte. Das Pamphlet ruft zur Teilnahme an einem angeblichen Bundeswettbewerb auf: "Wer ist der größte Vaterlandsverräter?" Bewerber sollten sich "im Konzentrationslager Dachau zu einem Vorstellungsgespräch" melden, hieß es darin. Als erster Preis wurde "Ein Freiflug durch den Schornstein in Auschwitz" ausgelobt. Weiter zu gewinnen sei "Ein lebenslänglicher Aufenthalt im Massengrab".

Der Bericht sorgte für große Empörung. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sagte in Augsburg, es stünden "schlimme Vorwürfe im Raum". Diese müssten aufgeklärt und vollständig ausgeräumt werden. Aus der bayerischen Opposition wurden Rücktrittsforderungen laut.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) schrieb auf X, ehemals Twitter: "Wer die Opfer von Auschwitz verhöhnt, darf in unserem Land keine Verantwortung tragen." Der Antisemitismus-Beauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, sagte, sollten die Vorwürfe zutreffen, sei Aiwanger als stellvertretender Ministerpräsident von Bayern "untragbar".

Aiwanger erklärte dann am Samstagabend in seiner Stellungnahme, er distanziere sich "vollends von dem Papier". Er kenne den Verfasser des Flugblatts, dieser werde sich "selbst erklären". "Weder damals noch heute war und ist es meine Art, andere Menschen zu verpfeifen."

Nach Aiwangers Darstellung waren "ein oder wenige Exemplare" des Flugblatts in seiner Schultasche gefunden worden. Die Schulleitung habe "mit der Polizei gedroht", wenn er den Sachverhalt nicht aufkläre. Als Ausweg habe er eingewilligt, ein Referat zu halten. Er könne sich aber nicht erinnern, ob er damals "eine Erklärung abgegeben oder einzelne Exemplare weitergegeben" habe.

Seine Partei Freie Wähler erklärte, ihr Chef Aiwanger habe sich am Samstagnachmittag dem Bundesvorstand gegenüber erklärt und "glaubhaft versichert, dass er nicht Verfasser des scheußlichen Pamphlets ist". Die Partei grenze sich "in aller Deutlichkeit von dem fraglichen Flugblatt ab". Aiwangers Stellvertreter Manfred Petry fügte hinzu, den Politiker seit vielen Jahren zu kennen und von ihm "noch nie eine einzige antisemitische Äußerung gehört" zu haben.

Ebenfalls am Samstagabend meldete sich dann Aiwangers älterer Bruder zu Wort und übernahm die Verantwortung. "Ich bin der Verfasser dieses in der Presse wiedergegebenen Flugblatts", zitierte die Mediengruppe Bayern den 53-jährigen Helmut Aiwanger. "Vom Inhalt distanziere ich mich in jeglicher Hinsicht. Ich bedaure die Folgen der Aktion."

Die beiden Brüder besuchten demnach im Schuljahr 1987/88 gemeinsam die elfte Jahrgangsstufe des Burkhart-Gymnasiums in Mallersdorf-Pfaffenberg in Niederbayern. Das Flugblatt habe Helmut Aiwanger verfasst, nachdem er eine Jahrgangsstufe habe wiederholen müssen, berichtete die Mediengruppe Bayern. "Ich war damals total wütend, weil ich in der Schule durchgefallen bin und aus meinem Kameradenkreis herausgerissen wurde."

Für SPD-Chefin Saskia Esken ist die Affäre damit nicht beendet. "Selbst wenn Aiwanger das Flugblatt nicht selbst verfasst, aber mit sich getragen und verteilt haben sollte, lassen die widerlichen und menschenverachtenden Formulierungen Rückschlüsse auf die Gesinnung zu, die dem zugrunde lag", sagte sie den Funke-Zeitungen. "Wer solche Gedanken denkt, aufschreibt und verbreitet, darf keine politische Verantwortung in Deutschland tragen."

Die Vorwürfe treffen Aiwanger mitten im Wahlkampf. In Bayern wird am 8. Oktober ein neuer Landtag gewählt. Derzeit regiert Söders CSU gemeinsam mit den Freien Wählern.

P.MacNair--NG