Mehr als 1000 Tote bei schwerem Erdbeben in Marokko
Beim schwersten Erdbeben in der Geschichte Marokkos sind mehr als 1000 Menschen ums Leben gekommen. Mindestens 1037 Menschen starben nach Regierungsangaben bei dem Erdstoß der Stärke 6,8 in der Nacht zum Samstag, mindestens 1204 Menschen wurden demnach verletzt. Zahlreiche Gebäude stürzten ein, Menschen rannten in Panik auf die Straßen und verbrachten aus Angst vor Nachbeben die Nacht im Freien. Aus aller Welt kamen Hilfsangebote und Beileidsbekundungen.
Das Epizentrum lag nach Angaben der US-Erdbebenwarte USGS in einer bergigen Region rund 70 Kilometer südwestlich der Touristenhochburg Marrakesch. Die Auswirkungen waren bis in die Küstenstädte Rabat, Casablanca und Essaouira zu spüren.
Zu deutschen Opfern lagen am Samstag zunächst keine Angaben vor. "Wir stehen zu dem Erdbeben und der Lage in Marokko in engem Austausch mit den örtlichen Behörden", erklärte eine Sprecherin des Auswärtigen Amts auf Anfrage der Nachrichtenagentur AFP. Das Team der deutschen Botschaft in Rabat habe eine Notrufnummer eingerichtet.
Bilder und Videos in Online-Netzwerken zeigten die verheerenden Schäden in zahlreichen Städten der Region. In der bei Touristen beliebten Altstadt von Marrakesch lagen Gebäudetrümmer auf den Straßen, zahlreiche Autos wurden beschädigt. An der Moschee auf dem zentralen Marktplatz Jemaa el-Fna stürzte ein Teil des Minaretts ein und verletzte zwei Menschen.
Der Franzose Michael Bizet berichtete der Nachrichtenagentur AFP, er habe in seinem Haus in der Altstadt von Marrakesch im Bett gelegen, als das Beben die Stadt erschütterte: "Ich dachte, mein Bett fliegt weg. Ich bin halb nackt auf die Straße gerannt. Es war das totale Chaos, eine echte Katastrophe, verrückt." Eine AFP-Korrespondentin sah hunderte Menschen, die auf dem Jemaa el-Fna Platz in der historischen Altstadt auf dem Boden schliefen, weil sie sich nicht in ihre Häuser zurück trauten.
In dem Dorf Moulay Brahim nahe dem Epizentrum gruben Retter in den Trümmern eingestürzter Häuser nach Überlebenden. Auf einem nahegelegenen Hügel wurden derweil bereits die ersten Gräber für die Toten ausgehoben.
Zahlreiche Staats- und Regierungschefs sprachen den Opfern und Angehörigen ihr Beileid aus und sicherten dem Land ihre Unterstützung zu. "In diesen schweren Stunden sind unsere Gedanken bei den Opfern des verheerenden Erdbebens", schrieb Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im Onlinedienst X, ehemals Twitter. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) erklärte auf X, das Technische Hilfswerk bereite sich auf einen Einsatz im Erdbebengebiet vor. Die Spezialisten würden entsandt, "sobald wir mehr Informationen haben, welche Hilfe konkret benötigt wird".
Spanien bot Marokko ebenso wie Frankreich die Entsendung von Rettungsteams an, die britische Regierung erklärte ihre Bereitschaft "jede nur mögliche Hilfe zu leisten". Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan, dessen Land im Februar ein verheerendes Erdbeben mit zehntausenden Toten erlebte, sicherte seinen "marrokanischen Brüdern" seine Unterstützung zu. Auch Israel, das 2020 diplomatische Beziehungen zu Rabat aufgenommen hatte, bot "jede notwendige Unterstützung" an.
Das marokkanische Innenministerium erklärte, sämtliche Einsatzkräfte seien mobilisiert, um in den betroffenen Regionen zu helfen. Das Bluttransfusionszentrum in Marrakesch rief die Bevölkerung zu Blutspenden für die zahlreichen Verletzten auf.
Im Jahr 2004 waren bei einem Erdbeben im Nordosten Marokkos mindestens 628 Menschen getötet und 926 weitere verletzt worden. 1980 erschütterte ein Beben der Stärke 7,3 das benachbarte Algerien. Dabei kamen 2500 Menschen ums Leben.
W.P.Walsh--NG