Spaniens Fußball-Weltmeisterinnen setzen Streik für weitere Reformen fort
Trotz einer Reihe von Konsequenzen aus der Kuss-Affäre nach dem WM-Sieg der spanischen Frauen-Nationalmannschaft hat sich die Krise im spanischen Fußball weiter verschärft. Während sich Ex-Verbandspräsident Luis Rubiales am Freitag erstmals wegen Vorwürfen der sexuellen Nötigung vor einem Richter verantworten musste, kündigten die Fußballweltmeisterinnen eine Fortsetzung ihres Streiks an. Sie fordern tiefgreifendere Reformen des Fußballverbands als bisher.
Die bisherigen Veränderungen seien "nicht ausreichend, um sich sicher und respektiert zu fühlen" und das Gefühl zu haben, dass der Frauenfußball unterstützt werde, hieß es in der von 21 der 23 Weltmeisterinnen sowie weiteren 18 Fußballspielerinnen unterzeichneten Erklärung. Darin forderten sie "radikale Veränderungen in den Führungspositionen" des Verbands. Unter anderem verlangten sie den Rücktritt von Interims-Präsident Pedro Rocha und anderen Vertrauten von Rubiales.
Der angekündigte Boykott schlug wie eine Bombe ein: Eigentlich hatte die Nachfolgerin des entlassenen Trainers Jorje Vilda, Montse Tomé, am Freitag ihren Kader für die kommenden Spiele der Nations League am 22. und 26. September präsentieren wollen. Nun verschob der Verband die Bekanntgabe auf unbestimmte Zeit.
Rubiales hatte nach dem WM-Sieg der spanischen Frauen-Nationalmannschaft am 20. August in Sydney vor den Augen eines Millionenpublikums den Kopf der Spielerin Jennifer Hermoso mit beiden Händen festgehalten und sie auf den Mund geküsst. Fünf Tage nach seinem Rücktritt erschien er nun erstmals vor einem Richter in Madrid. Nach Justizangaben wies er erneut alle Vorwürfe zurück und betonte, es habe sich um einen einvernehmlichen Kuss gehandelt.
Hermoso sieht den Vorfall dagegen als sexuellen Übergriff. Ihre Anwältin Carla Vall bekräftigte vor Gericht, dass der Kuss keineswegs "einvernehmlich" gewesen sei. Davon könnten sich alle durch die Videoaufnahmen des Vorfalls überzeugen.
Zum Ende der nicht-öffentlichen Anhörung untersagte Untersuchungsrichter Francisco de Jorge dem Ex-Verbandschef, Kontakt zu Hermoso aufzunehmen, solange die Ermittlungen laufen. Der 46-Jährige darf sich ihr zudem nur noch bis auf 200 Meter nähern.
Der Untersuchungsrichter muss entscheiden, ob Rubiales vor Gericht gestellt wird oder nicht. Angesichts der gerade erst begonnenen Ermittlungen wird allgemein nicht mit einer raschen Entscheidung gerechnet.
Rubiales' Verhalten hatte im In- und Ausland Empörung sowie eine Krise im spanischen Fußball ausgelöst. Nach wochenlangem Gezerre um seinen Posten hatte er am Sonntag schließlich seinen Rücktritt als Präsident des spanischen Fußballverbands erklärt.
L.Bohannon--NG