Türkei greift nach Anschlag in Ankara mutmaßliche PKK-Stellungen im Nordirak an
Wenige Stunden nach einem Selbstmordanschlag in der türkischen Hauptstadt Ankara haben türkische Kampfflugzeuge Luftangriffe im Nordirak geflogen. Teile der Region Bradost seien ebenso bombardiert worden wie das Dorf Badran, sagte der Bürgermeister der nahe den Grenzen zur Türkei und zum Iran gelegenen Stadt Sidakan, Ihsan Tschalabi, am Sonntagabend der Nachrichtenagentur AFP. Bei dem Anschlag zu dem sich die verbotene Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) bekannte, waren am Morgen zwei Polizisten leicht verletzt worden.
Das türkische Verteidigungsministerium erklärte, es habe 20 Stellungen der PKK im Nordirak ins Visier genommen. "In den Regionen Metina, Hakurk, Kandil und Gara im Nordirak" seien Luftangriffe gegen die "PKK und andere terroristische Elemente" geflogen worden, "um terroristische Angriffe aus dem Nordirak auf unsere Bevölkerung und unsere Ordnungskräfte zu verhindern und die Sicherheit unserer Grenzen zu gewährleisten", hieß es in der Erklärung.
Das kurdische Medium Rudaw meldete Luftangriffe in den nordirakischen Kandil-Bergen, die als PKK-Hochburg nahe der Grenze zum Iran gelten.
Die türkische Armee geht regelmäßig gegen PKK-Kämpfer und ihre Stellungen im Nordirak vor. Die PKK kämpft seit 1984 gegen den türkischen Staat und wird von Ankara und westlichen Verbündeten als Terrororganisation eingestuft. In dem Konflikt wurden bereits zehntausende Menschen getötet.
Der Angriff richtete sich gegen den Sitz der Polizei und gegen das Innenministerium, die sich in einem Gebäudekomplex in der Nähe des Parlaments befinden. Zwei "Terroristen" hätten sich am Morgen in einem Lieferwagen genähert, erklärte Innenminister Ali Yerlikaya im Onlinedienst X,vormals Twitter. "Der eine Terrorist hat sich in die Luft gesprengt, der andere wurde neutralisiert."
Aufnahmen einer Überwachungskamera zeigten einen grauen Wagen, der langsam vor dem Sitz der Polizei parkt. Dann ist zu sehen, wie einer der Täter mit einer Waffe in der Hand aus dem Wagen springt und vor dem Wachposten die Explosion auslöst. Ein zweiter Mann rückt ebenfalls vor, ist dann aber wegen der durch die Explosion ausgelösten Rauchwolken nicht mehr zu erkennen.
Die Staatsanwaltschaft leitete Ermittlungen ein und untersagte den türkischen Medien, Bilder vom Anschlagsort zu verbreiten. Die PKK bekannte sich wenige Stunden nach dem Anschlag gegenüber der ihr nahestehenden kurdischen Nachrichtenagentur ANF zu dem Anschlag.
Die verbotene PKK steht im Zentrum der Auseinandersetzung zwischen der Türkei und Schweden, die sich um den von Ankara blockierten Nato-Beitritt des skandinavischen Lands dreht.
Der Anschlag erfolgte wenige Stunden vor Beginn der neuen Sitzungsperiode des türkischen Parlaments. Das Parlament muss in der neuen Sitzungsperiode über den seit Mai 2022 vorliegenden schwedischen Beitrittsantrag entscheiden. Ankara begründet sein Zögern unter anderem mit einem angeblich zu laxen Umgang mit mutmaßlichen PKK-Mitgliedern in Schweden.
In seiner Rede zur Eröffnung der Sitzungsperiode sprach Erdogan im Zusammenhang nach dem Anschlag von "Schurken", die den Frieden und die Sicherheit der Bürger bedrohten. Die "Terroristen" würden aber "niemals ihre Ziele erreichen".
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) verurteilte den Anschlag "auf das Schärfste", wie er im Onlinedienst X, ehemals Twitter, schrieb. "Unsere Solidarität gilt unseren türkischen Partnern."
Ankara war 2015 und 2016 Schauplatz einer Reihe folgenschwerer Anschläge gewesen, zu denen sich die PKK oder die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) bekannt hatten.
M.Scott--NG