Tausende Menschen versammeln sich in Moskau zu Trauerfeier für Nawalny
Zwei Wochen nach dem Tod des in einem Straflager gestorbenen Kreml-Kritikers Alexej Nawalny haben seine Anhänger Abschied genommen von dem prominenten Oppositionellen. Trotz Warnungen des Kremls versammelten sich am Freitag tausende Menschen vor einer Kirche im Südosten Moskaus, wie Journalisten der Nachrichtenagentur AFP berichteten. Die Sicherheitskräfte waren mit einem Großaufgebot vor Ort.
Der Leichenwagen mit dem Sarg des prominentesten Widersachers von Russlands Präsident Wladimir Putin traf kurz vor Beginn der Trauerfeier unter dem Beifall der dort versammelten Menge an der Kirche ein. Der Sarg wurde dann von vier Sargträgern in das Gotteshaus gebracht.
Auf dem Platz vor der Kirche im Bezirk Marjino im Südosten der russischen Hauptstadt waren Absperrungen aus Metall aufgebaut. Unter den dort versammelten Menschen waren auch der deutsche Botschafter Alexander Graf Lambsdorff und sein französischer Kollege sowie die russischen Oppositionspolitiker Jewgeni Roisman, Boris Nadeschdin und Jekaterina Dunzowa.
Einige der Trauernden hatten Blumen dabei. "Wir haben keine Politiker wie ihn mehr und niemand weiß, wann wir wieder welche haben werden", sagte die 55-jährige Maria. Sie empfinde "Angst und Trauer". Der 43-jährige Maxim sagte, er sehe "nichts Illegales daran, sich von einem großen Mann zu verabschieden".
"Wovor haben sie Angst? Warum so viele Autos?", fragte die Nawalny-Anhängerin Anna Stepanowa mit Blick auf die Einsatzfahrzeuge der Polizei. "Die Leute, die hierher gekommen sind, haben keine Angst. Alexej hatte auch keine."
Das Team des Kreml-Kritikers hatte nach eigenen Angaben Schwierigkeiten, einen Ort für den Trauergottesdienst zu finden. Zudem hatten sich demnach mehrere Bestattungsunternehmen geweigert, den Leichnam des Oppositionspolitikers zu transportieren. Nach der Trauerzeremonie in der Kirche war für 14.00 Uhr (MEZ) die Beisetzung auf dem nahe gelegenen Borisowski-Friedhof geplant.
Der Kreml warnte vor Beginn der Trauerfeier vor der Teilnahme an "nicht genehmigten" Versammlungen. Wer an einer solchen Kundgebung teilnehme, werde "gemäß dem geltenden Recht zur Verantwortung gezogen", sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow der Nachrichtenagentur Tass.
Nawalnys Witwe hatte am Mittwoch vor möglichen Polizeiaktionen während der Trauerfeier gewarnt. "Ich weiß nicht, ob es eine friedliche Beerdigung wird, oder ob die Polizei Menschen festnehmen wird, die sich von ihm verabschieden wollen", sagte Julia Nawalnaja im Europaparlament.
Nach Angaben der russischen Menschenrechtsgruppe OWD-Info wurden seit Nawalnys Tod bereits 400 Menschen bei Trauerkundgebungen für den Kreml-Kritiker festgenommen.
Nawalny war nach Angaben der russischen Behörden am 16. Februar in einer russischen Strafkolonie in der Arktis gestorben, wo er eine 19-jährige Haftstrafe absaß. Den Angaben zufolge starb er eines "natürlichen Todes", die genauen Umstände sind allerdings weiter unklar.
Die Anhänger Nawalnys und zahlreiche westliche Politiker machen die russische Führung und Kreml-Chef Wladimir Putin für den Tod des 47-Jährigen verantwortlich. Moskau weist die Anschuldigungen zurück. Kreml-Sprecher Peskow sagte am Freitag, er habe Nawalnys Familie "nichts zu sagen".
Nach Nawalnys Tod hatten sich die Behörden acht Tage lang geweigert, den Leichnam an dessen Angehörige zu übergeben. Diese vermuteten dahinter den Versuch, die Beteiligung der Behörden an dessen Tod "zu vertuschen".
N.Handrahan--NG