Zwei russische Journalisten wegen Videos für Nawalny-Plattform festgenommen
In Russland sind zwei für ausländische Medien tätige Journalisten festgenommen worden, die das Team des verstorbenen Kreml-Kritikers Alexej Nawalny unterstützt haben sollen. Wie der Pressedienst der Moskauer Gerichte sowie die internationale Nachrichtenagentur AP am Wochenende mitteilten, wird Konstantin Gabow und Sergej Karelin vorgeworfen, an der Vorbereitung von Fotos und Videos teilgenommen zu haben, die auf dem Youtube-Kanal "NawalnyLive" veröffentlicht werden sollten.
Bei "NawalnyLive" handelt es sich um eine Online-Plattform, die von Nawalnys Team genutzt wird. Im Juni 2021 hatte die russische Justiz alle Organisationen Nawalnys als "extremistisch" eingestuft, so dass Mitarbeiter und Unterstützer Gefahr laufen, strafrechtlich verfolgt, inhaftiert und verurteilt zu werden. Auch Gabow und Karlin wird "Extremismus" vorgeworfen, wie der Gerichts-Pressedienst und die US-Nachrichtenagentur Associated Press (AP) erklärten.
Gabow wurde nach Behördenangaben am Samstag festgenommen. Er arbeitete Medienberichten zufolge für die russischen Fernsehsender Moskwa 24 und MIR, die belarussische Nachrichtenagentur Belsat und gelegentlich für die internationale Nachrichtenagentur Reuters. Dem Justiz-Pressedienst zufolge soll er mindestens bis zum 27. Juni in U-Haft bleiben.
Zu Karelins Haft äußerten sich die Behörden bisher nicht. AP, einer der Arbeitgeber des Journalisten, hatte am Sonntag zuerst über Karelins Festnahme berichtet. Die Nachrichtenagentur teilte weiterhin mit, "sehr besorgt über die Festnahme des russischen Videojournalisten" zu sein. AP bemüht sich demnach um weitere Informationen über Karelins Strafverfolgung.
Nawalny, der prominenteste Kritiker des russischen Präsidenten Wladimir Putin, war nach Angaben der russischen Behörden am 16. Februar in einem Straflager in der Arktis gestorben, wo er eine 19-jährige Haftstrafe absaß. Einen Tag zuvor war der 47-Jährige in einem Video zu sehen, das ihn in offenbar recht guter Verfassung zeigte. Nawalnys Anhänger und zahlreiche westliche Politiker machten die russische Führung und Kreml-Chef Wladimir Putin für den Tod des Oppositionellen verantwortlich.
Laut einem Bericht des "Wall Street Journals" sind US-Geheimdienste jedoch zu der Erkenntnis gelangt, dass es im Februar keinen Befehl Putins gab, Nawalny umzubringen. Die Einschätzung beruht demnach auf als geheim eingestuften Geheimdienstinformationen sowie auf einer Analyse öffentlich bekannter Fakten.
Dazu zähle der Zeitpunkt des Todes, der die Präsidentschaftswahl in Russland einen Monat später überschattete. Trotzdem seien die US-Geheimdienste der Auffassung, der Kreml-Chef trage letztlich die Verantwortung für den Tod Nawalnys, heißt es in dem Bericht.
Kurz vor dem Tod des Kreml-Kritikers waren nach Angaben seiner Unterstützer Gespräche über einen Gefangenenaustausch weit fortgeschritten. Putin hatte im März die Idee eines solchen Austauschs bestätigt.
Im Zuge der Ukraine-Offensive wurde das Vorgehen gegen kritische Stimmen in Russland noch einmal verschärft. So wurde am Freitag ein russischer Journalist, der für die russische Ausgabe des US-Magazin "Forbes" arbeitet, festgenommen. Ihm wird vorgeworfen, "Falschinformationen" über Russland zugeschriebene Angriffe in der Ukraine verbreitet zu haben.
Im März war die Fotografin Antonia Krawzowa festgenommen worden. Sie hatte für Sotavision, eines der letzten unabhängigen Medien in Russland, über den Prozess gegen Nawalny berichtet.
Die US-russische Journalistin Alsu Kurmasheva, die für die US-Sendergruppe Radio Free Europe/Radio Liberty arbeitete, sitzt seit Oktober im Gefängnis, weil sie sich nicht wie vorgeschrieben als "ausländische Agentin" registrieren ließ.
Der US-Journalist Evan Gershkovich ist seit mehr als einem Jahr im Lefortowo-Gefängnis in Moskau in Haft. Der Reporter des "Wall Street Journal" war bei einer Recherchereise festgenommen worden. Er ist der erste westliche Journalist seit Ende des Kalten Krieges, der in Russland wegen Spionagevorwürfen inhaftiert wurde.
H.Davenport--NG