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Verfassungsschutz darf AfD als rechtsextremistischer Verdachtsfall beobachten
Verfassungsschutz darf AfD als rechtsextremistischer Verdachtsfall beobachten / Foto: INA FASSBENDER - AFP

Verfassungsschutz darf AfD als rechtsextremistischer Verdachtsfall beobachten

Das Bundesamt für Verfassungsschutz darf die AfD als rechtsextremistischen Verdachtsfall beobachten. Eine dagegen gerichtete Berufungsklage der Partei wies das Oberverwaltungsgericht (OVG) im nordrhein-westfälischen Münster am Montag zurück. Es gebe genügend tatsächliche Anhaltspunkte, dass die AfD Bestrebungen verfolge, die sich gegen die Menschenwürde bestimmter Gruppen und gegen das Demokratieprinzip richteten, sagte der Vorsitzende Richter Gerald Buck bei der Urteilsverkündung.

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Das Verwaltungsgericht Köln hatte die Klage der AfD im März 2022 in erster Instanz abgewiesen. Das OVG sah nun den begründeten Verdacht, dass zumindest ein maßgeblicher Teil der AfD das Ziel habe, "deutschen Staatsangehörigen mit Migrationshintergrund nur einen rechtlich abgewerteten Status zuzuerkennen". Es gebe eine große Zahl "von gegen Migranten gerichteten Äußerungen", mit denen diese systematisch ausgegrenzt würden.

Zudem bestünden hinreichende Anhaltspunkte für den Verdacht, dass die AfD Bestrebungen verfolge, die mit einer Missachtung der Menschenwürde von Ausländern und Muslimen verbunden seien. Auch Anhaltspunkte für demokratiefeindliche Bestrebungen konnte das Gericht erkennen.

Nach dem Urteil ist es dem Verfassungsschutz auch gestattet, die Öffentlichkeit über die Einstufung als Verdachtsfall zu informieren. Der Senat wies jedoch auch darauf hin, dass der bloße Verdacht nicht zwangsläufig zur Erwiesenheit einer extremistischen Bestrebung führe.

Die Einstufung einer Partei als Verdachtsfall gibt dem Verfassungsschutz mehr Befugnisse. Er darf sie dann mit bestimmten geheimdienstlichen Mitteln beobachten. So ist es etwa möglich, V-Leute anzuwerben, außerdem dürfen Menschen observiert werden.

Auch die Jugendorganisation Junge Alternative darf nach dem OVG-Urteil weiter als Verdachtsfall behandelt werden. Zudem scheiterte in Münster auch die Berufungsklage gegen die Einstufung des inzwischen offiziell aufgelösten sogenannten Flügels als Verdachtsfall und als erwiesen extremistische Bestrebung.

Die Revision gegen die insgesamt drei Berufungsentscheidungen ließ das OVG nicht zu. Rechtskräftig sind die Urteile aber noch nicht. Die AfD kündigte bereits an, dagegen Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig einlegen zu wollen.

"Wir werden unser Heil in der nächsten Instanz suchen", sagte AfD-Vorstandsmitglied Roman Reusch nach der Urteilsverkündung in Münster. Mit der Ablehnung zahlreicher Beweisanträge habe das Gericht "sehr ordentliche Revisionsgründe geliefert", sagte Reusch. Es sei sehr "bedauerlich", dass sich das OVG vor einer "umfangreichen Beweisaufnahme" gedrückt habe, sagte Reusch.

Der stellvertretende AfD-Bundesvorsitzende Peter Böhringer monierte in Münster, es sei "zu kurzer Prozess gemacht worden". "Wir hatten keine Chance auf faire Darstellung unserer Gegenargumente", sagte er. Die Ablehnung hunderter Beweisanträge durch das Gericht grenze an "Arbeitsverweigerung".

Der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang, nannte das Urteil indes einen "Erfolg für den gesamten Rechtsstaat, für die Demokratie und für unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung". "Es gab und gibt für uns gute Gründe für die Einstufung als Verdachtsfall", sagte er in Köln.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) erklärte in Berlin: "Das heutige Urteil zeigt, dass wir eine wehrhafte Demokratie sind." Der Rechtsstaat habe Instrumente, welche die Demokratie "vor Bedrohungen von innen schützen".

Nach dem Urteil wurden erneut Forderungen nach einem Verbotsverfahren gegen die AfD laut. Der sächsische CDU-Bundestagsabgeordnete Marco Wanderwitz kündigte an, noch vor der parlamentarischen Sommerpause im Bundestag einen Antrag für ein Verbotsverfahren einbringen zu wollen. Zusagen habe er bereits aus den Reihen von Union, SPD, Grünen und Linkspartei.

Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) warnte dabei vor falschen Hoffnungen. Die OVG-Entscheidung ebne "nicht automatisch den Weg zu einem Verbotsverfahren der AfD", sagte er der Funke-Mediengruppe. "Ein solches sollte man nur anstrengen, wenn man sich sehr sicher sein kann, dass es auch erfolgreich wäre."

T.Murray--NG