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Umstrittener Frontex-Chef Leggeri zurückgetreten
Umstrittener Frontex-Chef Leggeri zurückgetreten / Foto: JANEK SKARZYNSKI - AFP/Archiv

Umstrittener Frontex-Chef Leggeri zurückgetreten

Der wegen mutmaßlicher Menschenrechtsverletzungen an den EU-Außengrenzen sowie Ermittlungen der Anti-Betrugsbehörde Olaf umstrittene Chef der EU-Grenzschutzagentur Frontex, Fabrice Leggeri, ist zurückgetreten. Der Frontex-Verwaltungsrat habe in einer zweitägigen Sitzung zu den von Olaf erhobenen Vorwürfen beraten, erklärte das Gremium am Freitag. Nachdem Leggeri am Donnerstag seinen Rücktritt angeboten habe, sei das Arbeitsverhältnis beendet worden.

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Olaf wirft Leggeri in einem bisher unveröffentlichten Bericht unter anderem vor, "Verfahren nicht eingehalten und sich illoyal gegenüber der Europäischen Union erwiesen zu haben", wie das französische Magazin "Le Point" berichtete. Der Druck auf Leggeri hatte aber besonders wegen der sich seit Jahren häufenden Berichte über sogenannte Pushbacks an den EU-Außengrenzen zugenommen.

Pushbacks sind etwa das gezielte Abdrängen von Migranten und Flüchtlingen auf See oder heimliche Abschiebungen. Diese Praktiken sind völkerrechtlich illegal, weil so verhindert wird, dass diese Menschen einen Asylantrag stellen können. Vor allem Griechenland, aber auch Polen und andere Länder gehen zahlreichen Medienberichten zufolge dennoch so vor. Frontex-Einheiten sollen darin verwickelt sein.

Der "Spiegel" und das niederländische Recherchenetzwerk "Lighthouse Reports" hatten zuletzt über konkrete Fälle in der Ägäis berichtet. Dort sollen die europäischen Grenzschützer Flüchtlingsboote erspäht und gestoppt haben, den illegalen Pushback überließen sie demnach den griechischen Grenzschützern. Leggeri habe über Monate hinweg versucht, das Vorgehen zu vertuschen.

"Spiegel" und "Lighthouse Reports" veröffentlichten Leggeris Rücktrittsschreiben im Onlinedienst Twitter. Darin beklagt dieser, dass das Frontex-Mandat "offenbar stillschweigend, aber effektiv geändert wurde". In den vergangenen Monaten hatte der Franzose öffentlich eingestanden, dass es einen Widerspruch zwischen der Frontex-Aufgabe, keine irregulären Grenzübertritte zuzulassen, und dem Verbot von Pushbacks gebe.

Im Dezember sagte er, er sei "hilflos", wenn es darum gehe, seine wahre Aufgabe zu ermitteln. "Niemand kann mir die Antwort geben. Wir sind schizophren". Von der Europäischen Kommission hieß es dazu lediglich, Aufgabe von Frontex sei es, sowohl die Grenzen als auch die Grundrechte zu schützen.

Die deutsche Hilfsorganisation Sea Watch, die sich an der Rettung von Bootsflüchtlingen im Mittelmeer beteiligt, nannte den Rücktritt Leggeris "überfällig, aber nicht ausreichend". Die Grenzagentur breche "systematisch Menschenrecht" und sei ein "Symbol tödlicher europäischer Abschottung". Sie müsse deshalb abgeschafft werden. Die EU-Kommission wies dies zurück.

Auch die Europaabgeordnete Cornelia Ernst von der Linkspartei begrüßte den Rücktritt. Leggeri sei "aktiv an der Komplizenschaft von Frontex bei Grundrechtsverletzungen und der Vertuschung dieser beteiligt" gewesen, erklärte sie in Brüssel. Ernst gehört einem Untersuchungsausschuss an, der seit längerem auf Aufklärung dringt.

Ein Sprecher der Bundesregierung sagte am Freitag, Berlin setze sich innerhalb von Frontex und in zuständigen EU-Gremien "stark dafür ein, dass all diese Vorwürfe, die es gibt, aufgeklärt werden und daraus Konsequenzen gezogen werden". Leggeris Rücktritt biete nun die Möglichkeit eines Neuanfangs. Der gebürtige Korse stand seit 2015 an der Spitze der EU-Grenzschutzagentur mit Sitz in Warschau.

Frontex war 2004 mit der EU-Osterweiterung gegründet worden. Seit 2015 wurden die Mittel der Agentur bedeutend aufgestockt. Bis 2027 soll das Personal weiter auf 10.000 Grenzschützer steigen. Zugleich teilte die Agentur vergangene Woche mit, dass die Zahl der irregulären Einreisen in die EU in den ersten drei Monaten dieses Jahres den höchsten Wert seit sechs Jahren erreicht habe.

Ukraine-Flüchtlinge wurden dabei nicht mitgezählt. Die meisten illegalen Grenzübertritte erfolgen durch in Bulgarien und Griechenland ankommende Syrer und Afghanen.

P.MacNair--NG