

Urteilsverkündung im Prozess gegen Rechtspopulistin Le Pen beginnt
Im Prozess wegen des Vorwurfs der Veruntreuung von EU-Geldern gegen Frankreichs Rechtspopulistin Marine Le Pen und 24 weitere Angeklagte haben die Richter mit der Urteilsverkündung begonnen. Sie soll voraussichtlich mehrere Stunden dauern. Die Staatsanwaltschaft hatte für Le Pen fünf Jahre Haft, davon drei auf Bewährung, und eine Geldstrafe gefordert. Aufsehen erregte ihre Forderung nach einem sofort geltenden Verbot, bei Wahlen anzutreten. Dies könnte Le Pens Pläne zunichte machen, bei der Präsidentschaftswahl 2027 anzutreten. Eine mögliche Haftstrafe hingegen würde suspendiert, falls sie Berufung einlegt. Le Pen weist alle Vorwürfe zurück.
Le Pen erschien am Montag mit angespannter Mine persönlich im Gericht. "Ich denke nicht, dass die Richter so weit gehen", hatte sie in einem am Vortag veröffentlichten Interview mit der Zeitung "JDD" erklärt. Sie sei nicht nervös, aber es gebe durchaus Grund dafür: "Mit dem sofortigen Verbot, bei Wahlen anzutreten, entscheiden die Richter über Leben und Tod unserer Bewegung", betonte sie. Ein Verbot, bei Wahlen anzutreten, wäre ein "zutiefst undemokratische Entscheidung".
Der Vizechef der Partei Rassemblement National (RN), Louis Aliot, erklärte, dass das Urteil die Partei "nicht schwächen" werde. "Es ist kein Geheimnis, dass (Parteichef) Jordan Bardella bestens platziert wäre", um an Le Pens Stelle bei der Präsidentschaftswahl anzutreten, sagte er am Montag dem Sender TF1. Er ist selber auch angeklagt und könnte seinen Posten als Bürgermeister der südfranzösischen Stadt Perpignan verlieren.
Nach einer am Wochenende veröffentlichten Umfrage liegt Le Pen in Umfragen zur Präsidentschaftswahl weiter mit Abstand vorn. Je nach Gegenkandidat käme sie auf 34 bis 37 Prozent in der ersten Runde. Die Rechtspopulistin will im Fall ihres Wahlsiegs französisches Recht über EU-Recht stellen und die Einwanderungspolitik massiv verschärfen.
Neben Le Pen sind in dem Prozess auch ihre Partei und 24 weitere Menschen angeklagt. Zu den Angeklagten zählen neun ehemalige EU-Abgeordnete des RN - unter ihnen Le Pen - sowie zwölf ehemalige Parlamentsassistenten. Nach Darstellung der Anklage arbeiteten die Assistenten nicht für ihre jeweiligen EU-Abgeordneten, sondern übernahmen andere Dienste zugunsten der Partei und der Familie Le Pen: als Grafiker, Leibwächter oder auch als persönliche Referenten.
Die Staatsanwaltschaft sieht darin ein "System", in dem der RN zwischen 2004 und 2016 die Gehälter der EU-Parlamentsassistenten zur Sanierung der Parteifinanzen genutzt habe.
P.Connor--NG