Russland kritisiert deutsche Panzer-Zusage als Schritt zur Eskalation
Russland hat der Bundesregierung eine gefährliche Eskalation des Konflikts in der Ukraine vorgeworfen: Mit der geplanten Lieferung von Schützenpanzern und einem Patriot-Luftabwehrsystem an die Ukraine sei eine "moralische Grenze" überschritten, "die die Bundesregierung nicht hätte überschreiten sollen", hieß es in einer am Freitag veröffentlichten Erklärung der russischen Botschaft in Berlin. Russland betrachte die Waffenlieferungen "als einen weiteren Schritt hin zur Konflikteskalation in der Ukraine".
Die Bundesregierung hatte am Donnerstag nach langem Zögern bekanntgegeben, nun doch Marder-Schützenpanzer und ein Patriot-Flugabwehrsystem an Kiew zu liefern. Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) erklärte am Freitag, die geplanten Panzerlieferungen aus Deutschland, Frankreich und den USA "werden die Durchsetzungsfähigkeit der ukrainischen Streitkräfte spürbar verstärken".
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) telefonierte mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und sicherte ihm "die unverbrüchliche Solidarität mit der Ukraine im Angesicht der entfesselten Aggression der Russischen Föderation" zu, wie ein Regierungssprecher in Berlin erklärte. Selenskyj habe dem Kanzler für die Waffenzusagen gedankt.
Verteidigungsministerin Lambrecht erklärte am Freitag nach einem Telefonat mit ihrem US-Kollegen Lloyd Austin, Deutschland werde "bis zu 40 Marder-Schützenpanzer" an die Ukraine abgeben. Die Panzer sollen aus Beständen der Bundeswehr und der Rüstungsindustrie kommen. Die Munition dafür komme "zunächst" aus Bundeswehrbeständen.
Der Inspekteur der Luftwaffe, Ingo Gerhartz, schrieb auf Twitter, die zusätzliche Abgabe eines Patriot-Systems einschließlich der Ausbildung ukrainischer Soldaten "bedeutet einen Kraftakt für unsere Truppe". Gerhartz fügte hinzu: "Aber es muss sein in diesen besonderen Zeiten!"
Nach der Zusage der Bundesregierung forderten Politiker von Grünen, FDP und Union weitergehende Waffenhilfen. Die Ukraine müsse mit allem unterstützt werden, "was sie auf dem Gefechtsfeld braucht", sagte der Grünen-Abgeordnete Anton Hofreiter. Die FDP-Verteidigungsexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann forderte, "in einer zweiten Tranche" auch den schweren Kampfpanzer Leopard 2 zu liefern.
Strack-Zimmermann sagte dem Sender Phoenix, die Bundesregierung müsse sich darauf vorbereiten, den deutschen Kampfpanzer Leopard 2 vorzuhalten. Da Deutschland davon nicht so viele zur Verfügung habe, könne er gemeinsam mit europäischen Partnerländern an die Ukraine geliefert werden. Dazu hätten sich zehn Länder bereit erklärt. Diese Lieferungen müssten von Deutschland genehmigt werden.
CSU-Chef Markus Söder und Landesgruppenchef Alexander Dobrindt unterstützten die Forderung nach Leopard-Kampfpanzern. Es müsse nun die militärische Ausbildung ukrainischer Soldaten am Leopard 1 und 2 aufgenommen werden, sagte Dobrindt am Freitag. Bei der eigentlichen Panzerlieferung sprach er sich dafür aus, das Modell Leopard 1 aus Beständen der Industrie zu liefern und den Leopard 2 aus dem Bestand der Bundeswehr.
Regierungssprecher Steffen Hebestreit sagte zu den Forderungen nach Leopard-Kampfpanzern, diese würden seit vielen Wochen und Monaten erhoben. Die Bundesregierung handele nach klaren Kriterien. Es gehe darum, die Ukraine so stark wie möglich zu unterstützen und gleichzeitig die Nato nicht zu einer eigenen Kriegspartei werden zu lassen. Außerdem gehe es darum, dass es keine nationalen Alleingänge gebe, sondern eine enge internationale Abstimmung.
Der ukrainische Vize-Außenminister Andrij Melnyk sagte dem Portal t-online, die Ankündigung der Bundesregierung sei "eine richtige, aber sehr verspätete Entscheidung mit bitterem Beigeschmack". Die Ukraine habe "316 sehr lange und blutige Kriegstage" warten müssen. Er hoffe auf weitere Lieferungen schwerer Waffen, "Kampfpanzer, Kampfjets, Kriegsschiffe".
G.Lomasney--NG