Außenpolitiker uneins in Bewertung von TV-Duell zwischen Trump und Harris
Deutsche Außenpolitiker sind sich uneins in der Bewertung des TV-Duells zwischen den US-Präsidentschaftskandidaten Kamala Harris und Donald Trump. Der Transatlantik-Koordinator der Bundesregierung, Michael Link (FDP), sieht keinen eindeutigen Sieger: Die Debatte sei "nach jetzigem Stand unentschieden" ausgegangen, sagte er am Mittwoch im RBB. SPD-Außenpolitiker sehen Harris hingegen als Gewinnerin. Das Rennen um die US-Präsidentschaft wird derweil als noch offen erachtet.
Es komme darauf an, wie das Duell hinterher interpretiert werde und wie die nächsten Umfragen liefen, sagte Link. "Erst dann werden wir sehen, ob es da einen klaren Sieger gibt." Harris und Trump hätten ähnlich wie beim ersten TV-Duell Ende Juni - damals noch mit US-Präsident Joe Biden als Kandidat für die Demokraten - versucht, sich jeweils um ihre Anhänger zu bemühen.
Einen Unterschied zwischen den beiden Bewerbern sieht Link trotzdem: Harris habe auch versucht, unentschiedene Wähler zu erreichen, das habe Trump nicht. Dieser habe sich stattdessen an seine Kern-Wählerschaft gewandt und dazu auf Attacken und Polarisierungen gesetzt.
Harris sei insgesamt "staatsmännisch, sehr überlegt, sehr gut vorbereitet" aufgetreten, sagte der Transatlantik-Koordinator. Trumps Auftritt bezeichnete er hingegen als "sehr grimmig" und "sehr auf Wirkung bedacht". Link betonte: "Er hat ein sehr düsteres Bild der USA und der Welt gezeichnet, sie hat ein optimistisches Bild gezeichnet, ein patriotisches."
Harris habe ihre Werte herausgestellt und "deutlich gemacht, für was sie wirtschaftlich steht", sagte der FDP-Politiker. Insofern sei es ihr, "schon gelungen, inhaltlich zu punkten".
Als klare Siegerin sieht der SPD-Außenpolitiker Michael Roth Harris. Diese habe "Trump auf offener Bühne demontiert", sagte er dem "Tagesspiegel". Die US-Vizepräsidentin habe sich nach anfänglicher Aufregung "scharfsinnig, souverän und positiv" gezeigt, Trump hingegen "alt, wütend und teilweise verwirrt" gewirkt.
"Der Kontrast hätte nicht größer sein können", betonte Roth. Hinsichtlich der Auswirkungen der Debatte auf den Wahlausgang zeigt sich der SPD-Politiker aber zurückhaltend: "Die US-Wählerschaft ist nicht nur stark polarisiert, sondern so tief gespalten, dass kaum etwas noch Einfluss auf Wahlentscheidungen nimmt."
Roths Parteikollege, der SPD-Außenexperte Nils Schmid, sieht Harris ebenfalls als Gewinnerin des Duells. "Sie hat Trump bei wahlentscheidenden Fragen wie Wirtschaft und Abtreibung alt aussehen lassen", sagte er der "Rheinischen Post". Trump habe sich einmal mehr als "spalterischer Lügenbold und Hetzer" gezeigt. Auch Schmid ist sich nicht sicher, inwieweit die Debatte für die Wahl entscheidend sein wird. "Die stärkste Auswirkung könnte ein Ereignis nach der Debatte haben: Taylor Swifts Unterstützung für Harris", so Schmid.
Die Popsängerin erklärte kurz nach der Debatte auf Instagram, sie werde bei der Wahl Harris ihre Stimme geben. Swifts Einfluss hob in der "Rheinischen Post" auch der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Jürgen Hardt (CDU), hervor. Er erwartet "ein Kopf-an-Kopf-Rennen", dieses könne allerdings durch die Unterstützung Swifts "eine neue Richtung bekommen".
Hardt ergänzte, Harris habe bewiesen, dass sie das Format für die Präsidentschaft der Vereinigten Staaten habe. "Sie will die USA einigen, sie stellt das Verbindende über das Trennende. Darin unterscheidet sie sich fundamental von Trump."
Unionsfraktionsvize Johann Wadephul (CDU) lobte Harris ebenfalls: Ihr sei es "gelungen, sich als eigenständige Kandidatin zu profilieren", sagte er dem "Tagesspiegel". Somit habe sich die Debatte für sie ausgezahlt. Das Rennen sieht aber auch Wadephul als "weiter offen" an.
Auch die Bundesregierung äußerte sich zum Duell. Trump hatte darin vor einer Abkehr von den fossilen Energien gewarnt: "Deutschland hat das versucht und binnen eines Jahres haben sie wieder angefangen, normale Kraftwerke zu bauen". Trumps Aussagen "haben wir mit gehöriger Verwunderung wahrgenommen und halten sie auch nicht für wirklich nachvollziehbar", sagte ein Sprecher des Wirtschaftsministerium dazu.
Die Präsidentschaftswahl findet am 5. November statt. Bislang liefern sich Harris und Trump in den Umfragen ein enges Kopf-an-Kopf-Rennen.
L.Boyle--NG