"Krieg mit Russland": Putin warnt Westen vor Zustimmung zu Raketeneinsatz durch Kiew
Der russische Präsident Wladimir Putin hat die westlichen Verbündeten der Ukraine mit scharfen Worten davor gewarnt, Kiew den Einsatz weitreichender Waffen gegen Ziele in Russland zu erlauben. "Dies würde die Natur des Konflikts in erheblichem Maß verändern. Es würde bedeuten, dass Nato-Staaten, die USA, europäische Staaten im Krieg mit Russland sind", sagte Putin am Donnerstag. In der Region Kursk startete die russische Armee eine Gegenoffensive zur Rückeroberung von der Ukraine kontrollierter Gebiete.
Bei der Entscheidung zum Einsatz westlicher Waffen bei Angriffen auf russisches Gebiet gehe es darum, ob "Nato-Länder direkt in den militärischen Konflikt in der Ukraine verwickelt sind oder nicht", sagte Putin einem Reporter des staatlichen russischen Fernsehens. Sollte Kiew grünes Licht erhalten, werde Russland "unter Berücksichtigung der veränderten Art des Konflikts die entsprechenden Entscheidungen auf der Grundlage der Bedrohungen treffen, mit denen wir konfrontiert sein werden", fügte der Kreml-Chef hinzu.
Bislang erlauben etwa die USA der Ukraine lediglich den Einsatz auf Ziele in russisch besetzten ukrainischen Gebieten - oder in russischen Grenzgebieten, in denen russische Kampfeinsätze stattfinden.
Die Ukraine drängt ihre Verbündeten dazu, die Beschränkungen aufzuheben. Die USA lehnen dies bislang ab, da sie eine Eskalation befürchten, die zu einem direkten Konflikt mit Russland führen könnte.
Präsident Wolodymyr Selenskyj kritisierte am Donnerstag die zögernde Haltung der westlichen Verbündeten in dieser Frage. Er habe hierüber auch am Mittwoch mit den Außenministern von Großbritannien und USA, David Lammy und Antony Blinken, während ihres Besuchs in der Ukraine gesprochen. Neben der Erlaubnis für Angriffe auf russischem Gebiet fehle es der ukrainischen Armee mittlerweile auch schlicht an den nötigen Raketen, fügte der ukrainische Präsident an.
Blinken kündigte in Kiew an, Washington werde "mit Dringlichkeit" die militärischen Forderungen der Ukraine prüfen. Bei einem Besuch in Polen sagte der US-Außenminister am Donnerstag, die USA würden ihre Haltung anpassen, wenn dies nötig sei, "auch im Hinblick auf die Mittel, die der Ukraine zur Verfügung stehen, um sich wirksam gegen die russische Aggression zu verteidigen".
US-Präsident Joe Biden und der britische Premierminister Keir Starmer dürften diese Frage am Freitag bei ihrem Treffen in Washington erörtern.
In der westrussischen Region Kursk starte Russland derweil nach übereinstimmenden Angaben beider Kriegsparteien eine Gegenoffensive gegen die ukrainischen Truppen. Das Verteidigungsministerium in Moskau erklärte im Onlinedienst Telegram, russische Einheiten sei binnen zwei Tagen die Rückeroberung von zehn Ortschaften gelungen.
Selenskyj bestätigte die Gegenoffensive. Das Vorgehen der russischen Armee entspreche "dem ukrainischen Plan", sagte der ukrainische Präsident. Er machte aber zunächst keine weiteren Angaben zu den Kämpfen in Kursk.
Die ukrainische Armee hatte am 6. August eine Militäroffensive in der russischen Grenzregion Kursk begonnen. Seitdem hatte sie nach eigenen Angaben rund hundert russische Dörfer und fast 1300 Quadratkilometer eingenommen. Der Vorstoß war der erste dieser Art seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine im Februar 2022 - und der größte Angriff ausländischer Streitkräfte auf russischem Gebiet seit dem Zweiten Weltkrieg.
Die ukrainische Armee hatte zum Ziel der Offensive erklärt, sie wolle kein russisches Territorium annektieren - sondern Russland zur Verlegung von Truppen zwingen und die besetzten Gebiete bei Verhandlungen einsetzen.
Parallel dazu rückte die russische Armee in der Ostukraine weiter auf die strategisch wichtige Stadt Pokrowsk vor, in der trotz mehrfacher Evakuierungsaufrufe ukrainischer Behörden noch 28.000 Menschen leben. Die Front liegt mittlerweile nur noch zehn Kilometer von Pokrowsk entfernt. Nach ukrainischen Behördenangaben hat die russische Armee mittlerweile sowohl die Gas- als auch die Wasserversorgung der Stadt unterbrochen.
Am Donnerstag wurden zudem in der Ostukraine nach übereinstimmenden Angaben drei Mitarbeiter des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) durch russischen Beschuss getötet. Nach Angaben Selenskyjs wurde ein IKRK-Fahrzeug beschossen, dem ukrainischen Menschenrechtskommissar Dmytro Lubinez zufolge traf russische Artillerie die drei Mitarbeiter in der nahe der Front gelegenen Ortschaft Wiroljubiwka. IKRK-Präsidentin Mirjana Spoljaric bestätigte den Angriff und verurteilte ihn "auf das Schärfste".
Y.Urquhart--NG