Scholz: EU-Freihandelsabkommen mit Indien "eher Monate als Jahre" entfernt
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat bei seinem Besuch in Indien ein Freihandelsabkommen zwischen dem südasiatischen Land und der EU binnen "Monaten" in Aussicht gestellt. Die Bundesregierung dränge auf "rasche Fortschritte und schnelle Ergebnisse", sagte Scholz am Freitag in einer Rede auf der Asien-Pazifik-Konferenz der deutschen Wirtschaft in Neu-Delhi. An den indischen Premierminister Narendra Modi gewandt fügte der Kanzler hinzu: "Wenn wir zusammen daran arbeiten, Premierminister, könnte dies eher in Monaten geschehen, als in Jahren."
Scholz und mehrere hochrangige Mitglieder der Bundesregierung sind derzeit zu Regierungskonsultationen in Indien. Ziel ist der Ausbau der politischen und wirtschaftlichen Beziehungen.
Scholz, der in Neu-Delhi auf Englisch sprach, kündigte an, Deutschland wolle auch die Zusammenarbeit im Bereich der Verteidigung vertiefen und "unsere Streitkräfte näher" zusammenbringen. "Wir brauchen mehr Zusammenarbeit, nicht weniger", argumentierte der Kanzler. Protektionismus möge kurzfristig "verlockend klingen", führe aber langfristig zu "weniger Wachstum, höheren Preisen" und "weniger Innovation".
Der Bundeskanzler sagte, er setze sich persönlich dafür ein, die Blockade der Welthandelsorganisation (WTO) zu beenden. Die Berufungsinstanz des WTO-Streitbeilegungsmechanismus ist seit Jahren wegen einer Blockade der USA nicht funktionsfähig. Hintergrund ist ein Streit mit China: Washington wirft Peking vor, seinen WTO-Status als Entwicklungsland auszunutzen. China sei inzwischen ein "Industriegigant" und müsse seine "Sonderbehandlung" als Entwicklungsland aufgeben, forderte auch Scholz.
Scholz warnte auch vor einem Sieg Russlands im Krieg gegen die Ukraine. Dies würde "weit über die europäischen Grenzen ein Nachspiel" haben und weltweit "Sicherheit und Wohlstand" bedrohen. Modi hatte in dieser Woche auf Einladung des russischen Präsidenten Wladimir Putin am Gipfeltreffen der sogenannten Brics-Staaten in Russland teilgenommen. Bei dieser Gelegenheit hatte der indische Premier Putin zu baldigem Frieden in der Ukraine gedrängt. Indien hat es allerdings bislang vermieden, den russischen Angriff auf die Ukraine ausdrücklich zu verurteilen. Das Land unterhält seit dem Kalten Krieg enge Beziehungen zum Kreml.
O.F.MacGillivray--NG