Verkehrsminister Wissing behält Ministeramt und verlässt FDP
Trotz des Endes der Ampel-Koalition bleibt Bundesverkehrsminister Volker Wissing im Amt - und verlässt seine Partei, die FDP. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) habe gefragt, ob er im Amt bleiben wolle, und er habe zugesagt, sagte Wissing am Donnerstag in Berlin. Um die FDP dadurch nicht zu belasten, sei er aus der Partei ausgetreten. Von den Liberalen und aus der Union kam scharfe Kritik an Wissings Verhalten.
Scholz habe ihn nach dem Koalitionsausschuss am Mittwochabend gefragt, ob er bereit sei, das Ministeramt "unter den neuen Bedingungen fortzuführen", sagte Wissing. "Ich habe darüber nachgedacht und dies gegenüber Herrn Bundeskanzler Scholz bejaht." Wissing ist das einzige von der FDP benannte Kabinettsmitglied, das im Amt bleibt.
Weil er "mit dieser Entscheidung keine Belastung für meine Partei sein" wolle, habe er am Morgen FDP-Chef Christian Lindner seinen Austritt mitgeteilt, sagte er weiter. "Ich distanziere mich damit nicht von Grundwerten meiner Partei und möchte auch nicht in eine andere Partei eintreten, betonte Wissing, der bisher Landesparteichef in Rheinland-Pfalz und Mitglied im Bundespräsidium war. "Ich möchte mir selbst treu bleiben."
Zu seinen Beweggründen sagte Wissing, das Vorgehen entspreche "meiner Vorstellung von Übernahme von Verantwortung". Die Zeiten seien schwierig und die Menschen verunsichert. Er appelliere "an alle", in ihrer jeweiligen Funktion für die Demokratie "verantwortungsvoll" zu handeln.
Lindner enthielt sich bei einer Pressekonferenz wenige Stunden später einer Bewertung. Er habe Wissings Schritt zur Kenntnis genommen, sagte der FDP-Chef lediglich, und wünschte dem Minister "menschlich alles Gute".
Wissings drei parlamentarische Staatssekretäre im Bundesverkehrsministerium, Daniela Kluckert, Oliver Luksic und Gero Hocker (alle FDP), reagierten hingegen empört. "Wir haben nach seiner einsamen Entscheidung kein Vertrauen mehr in Volker Wissing", hieß es in einer auf X verbreiteten Erklärung der drei Abgeordneten. Daher hätten sie ihn gebeten, "unverzüglich unsere Entlassung beim Bundespräsidenten zu veranlassen".
Die rheinland-pfälzische FDP-Bundestagsabgeordnete Sandra Weeser erklärte, sie sei "politisch wie persönlich von Volker Wissing enttäuscht". Er wende sich von der FDP ab und werde "seiner Verantwortung als Landesvorsitzender nicht mehr gerecht". Sie selbst sei bereit, "meiner Verantwortung im Landesvorstand gerecht zu werden", fügte Weeser hinzu, die Beisitzerin in dem Gremium ist.
Die Union forderte Wissings Rücktritt. "Es ist eine bodenlose Frechheit, dass Wissing in dieser Lage Minister bleiben will", sagte Unionsfraktionsvize Ulrich Lange (CSU) der "Rheinischen Post". Wissing habe "bisher in seinem Bereich nichts auf die Beine gestellt, nur eine Bilanz des Scheiterns". Sein Vorgehen sei "auch ein charakterloser Loyalitätsbruch gegenüber seiner ihn tragenden FDP".
Dagegen äußerte Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) seinen Respekt für die Entscheidung Wissings. "Mich beeindruckt, dass er sein Amtsverständnis, seine innere Haltung über die Partei stellt", sagte Habeck in Berlin. Er freue sich darauf, weiter mit Wissing im Kabinett zusammenzuarbeiten.
Auch SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese sagte der "Rheinischen Post", Wissing zeige "staatspolitische Verantwortung". Das verdiene "Respekt und Hochachtung". Wissings Verhalten mache zugleich deutlich, "dass es Christian Lindner nur um sich ging. Nicht um Verantwortung für das Land in wahrlich schwierigen Zeiten", sagte Wiese weiter.
Der bisherige Bundesfinanzminister Lindner war am Mittwochabend nach einer Eskalation im Koalitionsausschuss von Kanzler Scholz entlassen worden. Bundesjustizminister Marco Buschmann und Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (beide FDP) reichten daraufhin Rücktrittsgesuche ein.
F.Coineagan --NG