Ex-Koalitionäre liefern sich heftigen Schlagabtausch im Bundestag
Die bisherigen Koalitionäre von SPD, Grünen und FDP haben sich am Freitag im Bundestag einen heftigen Schlagabtausch geliefert. In einer von vielen Zwischenrufen begleiteten Aktuellen Stunde warf die Grünen-Politikerin Irene Mihalic der FDP vor, das Ampel-Bündnis torpediert zu haben. FDP-Fraktionschef Christin Dürr attackierte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und forderte schnellstmöglich Neuwahlen. SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese wiederum verteidigte Scholz' Zeitplan. Auch von der Opposition kamen scharfe Töne.
Die parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Fraktion, Mihalic, betonte in ihrer Rede, dass die Ampel-Koalition gemeinsam viel erreicht und das Land "zum Positiven" verändert habe. Es sei "wirklich tragisch", dass die FDP in den vergangenen Wochen und Monaten nicht mehr die Kraft gefunden habe, diesen Weg weiter mit SPD und Grünen zu gehen.
Stattdessen hätten die Liberalen immer wieder "Kompromisse verworfen" und Gesetzesvorhaben im Bundestag blockiert, beklagte Mihalic. Hinzu seien "Provokationen" gekommen wie das "Kahlschlag-Papier" von FDP-Chef Christian Lindner, das Ende vergangener Woche bekannt geworden war. Sie fühle sich an die 2017 geplatzten Gespräche über eine Jamaika-Koalition erinnert, die Lindner abgebrochen hatte: "Wenn es drauf ankommt, macht sich immer derselbe vom Acker", urteilte Mihalic.
Ihr antwortete FDP-Fraktionschef Dürr, der sich kurzfristig auf die Rednerliste setzen ließ. Er berichtete, dass im Koalitionsausschuss am Mittwochabend von der FDP gefordert worden sei, einem "Brechen der Schuldenbremse" für 2025 zuzustimmen, ohne aber wirksame Reformen für Deutschland zu vereinbaren. Das habe "kein Angebot für meine Fraktion" sein können, unterstrich Dürr in seiner sehr emotional vorgetragenen Rede.
Der FDP-Vorschlag wiederum, dass die Regierung nur geschäftsführend im Amt bleibe, noch einige wichtige Projekte im Bundestag verabschiede und derweil zügige Neuwahlen organisiere, sei abgelehnt worden, beklagte Dürr. Dass Scholz erst im Januar die Vertrauensfrage stellen wolle, sei "kein Zustand" - es müsse viel schneller gehen. "Ich fordere, dass der Bundeskanzler die Vertrauensfrage in diesem Haus stellt", rief Dürr am Ende seiner Rede.
SPD-Fraktionsvize Wiese verteidigte Scholz' Plan und wies die Forderung nach "überstürzten Neuwahlen" zurück. Niemand wolle, dass an Weihnachten oder Neujahr Wahlkämpfende an der Tür klingelten. Außerdem müssten Wahlen "ordentlich vorbereitet" werden und dafür bräuchten Länder und Kommunen Zeit, argumentierte der SPD-Politiker.
Es müssten nun allerdings noch "kurzfristige Entscheidungen" getroffen werden, die nicht bis zur Bildung einer neuen Regierung warten könnten. Wiese nannte als Themen unter anderem die Finanzierung des Deutschlandtickets im nächsten Jahr, die Unterstützung für die Ukraine, Entlastungen für die energieintensive Industrie und die Erhöhung des Kindergelds. "Das duldet keinen Aufschub." Wiese rief in diesem Zusammenhang die Unionsfraktion zur Zusammenarbeit auf.
Deren parlamentarischer Geschäftsführer Thorsten Frei (CDU) forderte aber ebenfalls zügige Neuwahlen. "Wir brauchen schnell eine neue, stabile Mehrheit und einen neuen Bundeskanzler für dieses Land", sagte er.
Frei attackierte Scholz scharf: Dieser versuche die FDP zum "Sündenbock" zu machen. "Der Bankrott der Ampel ist der Bankrott von Olaf Scholz." Auch der AfD-Parlamentsgeschäftsführer Bernd Baumann forderte "sofortige Neuwahlen".
H.Davenport--NG