Lehren aus Afghanistan: Scholz mahnt realistische Ziele bei Auslandseinsätzen an
Als Lehre aus dem Krieg in Afghanistan hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) künftig realistische Ziele bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr gefordert. "Es ist wichtig dass man seine Möglichkeiten richtig einschätzt", sagte Scholz am Donnerstag im Afghanistan-Untersuchungsausschuss des Bundestags. Das betreffe etwa die Nationenbildung, also den Aufbau stabiler staatlicher Institutionen und Strukturen. Diese sei "nicht das, was uns in solchen Einsätzen besonders gut gelingt", sagte Scholz.
"Meine persönliche Einschätzung ist, dass die fast kampflose Aufgabe des Landes durch die Regierenden auch sehr viel damit zu tun hat, dass dieser Prozess gar nicht funktioniert hat", sagte Scholz zu dem raschen Vormarsch und der Machtübernahme der radikalislamischen Taliban in Afghanistan im Sommer 2021. So habe es keinen nennenswerten staatlichen Widerstand gegeben.
Bei ähnlichen internationalen Militäreinsätzen müssten künftig zuverlässige Lagebilder gefertigt werden, die die Entwicklung vor Ort realistisch abbilden, forderte der Bundeskanzler. Damit bezog sich Scholz auf Kritik an der späten Evakuierung von mehreren Tausend von Deutschland beschäftigten Ortskräften aus Afghanistan.
Scholz wurde in der öffentlichen Ausschusssitzung befragt, weil er zur Zeit des überstürzten Abzugs der Bundeswehr aus Afghanistan und der Evakuierung der Ortskräfte im Jahr 2021 Finanzminister und Vizekanzler in der großen Koalition von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) war. Der Untersuchungsausschuss befasst sich seit Juli 2022 mit den Geschehnissen. Ziel ist es, mögliche Fehler zu benennen und Lehren für die Zukunft zu ziehen.
Zuvor war am Donnerstag die damalige Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) befragt worden. Die Anhörungen Merkels und des damaligen Außenministers Heiko Maas (SPD) sind für Dezember geplant. In der vergangenen Woche saß unter anderem bereits Ex-Innenminister Horst Seehofer (CSU) auf dem Zeugenstuhl.
D.Gallaugher--NG