Bundesregierung verlängert Grenzkontrollen kurz vor Wahl um sechs Monate
Kurz vor der Bundestagswahl hat die Bundesregierung die Kontrollen an allen deutschen Außengrenzen um weitere sechs Monate verlängert. "Mit den Grenzkontrollen drängen wir die irreguläre Migration wirksam zurück", erklärte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Mittwoch in Berlin. Die Kontrollen waren Mitte September 2024 an allen deutschen Grenzen eingeführt worden, zuvor gab es die Kontrollen vor allem an den Ostgrenzen Deutschlands.
"Wir bleiben konsequent beim Kampf gegen irreguläre Migration", begründete Scholz die Verlängerung. Er verwies auf die Bilanz der bisherigen Grenzkontrollen: So habe es 47.000 Zurückweisungen an den Grenzen gegeben. Zudem habe es 2024 im Vergleich zum Vorjahr ein Drittel weniger Asylgesuche gegeben, und es seien 1900 Schleuser festgenommen worden.
Die Bundesregierung unterrichtete die EU-Kommission am Mittwoch über die Verlängerung. Dabei handle Deutschland "weiterhin eng abgestimmt mit unseren Nachbarstaaten - ohne gefährliche nationale Alleingänge und im Einklang mit dem europäischen Recht", erklärte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD).
Die bisherige Anordnung zu Kontrollen an allen deutschen Grenzen wäre erst am 15. März ausgelaufen. Mit der frühzeitigen Ankündigung der Verlängerung bereits am Mittwoch wählte die Bundesregierung einen Termin noch vor der Bundestagswahl am 23. Februar. Die irreguläre Migration ist eines der zentralen Themen im Wahlkampf. Union, AfD, FDP und BSW werfen der Regierung Scholz vor, hier zu wenig zu unternehmen.
Ministerin Faeser verwies auf Erfolge bei der Migrationskontrolle. "Unser Handeln wirkt und ist weiter notwendig", erklärte sie. "Damit drängen wir die irreguläre Migration effektiv zurück." Weiter erklärte sie: "Wir stoppen Schleuser, die Menschen brutal zur Ware machen und über Grenzen schmuggeln. Und wir legen Kriminellen und Extremisten das Handwerk."
Faesers Ministerium wies am Mittwoch darauf hin, dass die Zahl der Asylgesuche 2024 bei 213.499 lag - rund 111.000 weniger als im Vorjahr. "Dazu haben die vorübergehenden Binnengrenzkontrollen beigetragen", erklärte das Ministerium. Zudem wies es darauf hin, dass durch die Grenzkontrollen rund 80.000 unerlaubte Einreisen festgestellt worden seien.
Grenzkontrollen finden seit dem 16. Oktober 2023 an allen deutschen Binnengrenzen zu Polen, Tschechien und der Schweiz statt. An der Landgrenze zu Österreich bestanden Binnengrenzkontrollen auf Grund jeweiliger eigenständiger Anordnungen bereits zuvor. Seit dem 16. September 2024 erfolgen die Kontrollen an allen deutschen Landgrenzen.
Faeser hatte damals diese Ausweitung nach dem Messeranschlag von Solingen mit drei Toten mit den "Gefahren durch den islamistischen Terrorismus" und "Vorfällen von Messer- und Gewaltkriminalität durch Geflüchtete" begründet.
Die Bundespolizei wird die verlängerten Binnengrenzkontrollen nach Angaben von Faesers Ministerium weiterhin gezielt und je nach den aktuellen Sicherheitserfordernissen vornehmen. Der Reise- und Pendlerverkehr sowie Wirtschaft und Handel sollten "so wenig wie möglich beeinträchtigt" werden. "Punktuelle und temporäre Verkehrsbeeinträchtigungen sind aber nicht in Gänze auszuschließen", erklärte das Ministerium. Es bat Reisende und Pendler, ein Identitätsdokument wie den Personalausweis oder Reisepass mitzuführen.
Die vorübergehende Anordnung von Binnengrenzkontrollen im Schengen-Raum richtet sich nach den Vorgaben des Schengener Grenzkodex und ist nach Angaben des Bundesinnenministeriums "stets nur als ultima ratio unter strengen Voraussetzungen möglich".
Das Bundesinnenministerium begründete die Verlängerung der Grenzkontrollen am Mittwoch mit der "Erforderlichkeit, die irreguläre Migration weiter einzudämmen" und dem "Schutz der inneren Sicherheit". Weiter hieß es aus dem Ministerium: "Im Bereich der irregulären Migration ist die Gesamtbelastung Deutschlands zu berücksichtigen, insbesondere die begrenzten Kapazitäten der Kommunen bei der Unterbringung sowie im Bildungs- und Integrationsbereich."
R.Ryan--NG